Donnerstag, 3. April 2014

Neuigkeiten aus dem Olivenhain

Weitere 2 Olivenbäume, die der Wildnis abgerungen wurden. 
Sie waren total überwachsen.  Unser Olivenretter Giovanni hat sie von Dornen und Lianen befreit und zwei wunderbare Orte zum Verweilen geschaffen.




Kaum zu glauben - wir haben einen ganzen Baum bei der Olivenernte vergessen - einfach nicht gesehen. Dabei ist er zum Brechen voll. Die Oliven sind nicht etwa schrumpelig oder vertrocknet, sondern frisch und saftig. Wir werden versuchen, sie im Ofen anzutrocknen und dann "sotto sale" einzumachen…




Kleines Treibhaus



Unsere kleine, provisorische Pflanzen-Aufzucht-Station. Zur Zeit sind Schwarzwurzeln, Radiesli, Kohlräbli und Tomaten am Wachsen...




Und im Tausch gegen unseren alten Heizkessel erhalten wir dann ein richtiges Gewächshaus!

Die Illusion der Zeit


Was heisst schon Zeit? Minuten, Stunden, Tage? Jahre? Ewigkeit? Oder gar nichts? Nichts? Ist Zeit  einfach eine Masseinheit von uns Menschen? Erfunden, um es uns vermeintlich einfacher zu machen? Erfunden zu Orientierungszwecken? Wir wären doch sonst verloren, aufgeschmissen, haltlos. Was ist jetzt aber das wahre Sein, die Wahrheit? Nach Zeiteinheiten leben, die unseren Alltag ach so gut definieren oder sich in die Leere begeben, die ohne Zeiteinteilung herrscht?

Ich weiss nur, dass mir die lineare Zeit in meinem früheren Leben oft Halt gegeben hat. Halt, um schwierige Situationen zu überstehen oder mich auf etwas zu freuen, das kommt. Halt, um mir Ziele zu setzen. Irgendwie Sicherheit. Und jetzt? Jetzt funktioniert das nicht mehr. Ich begreife das Zeitkonzept nicht mehr, kann es nicht mehr begreifen. Zumindest nicht im linearen Sinne. Ich wundere mich. ??? Über die Relativität der Zeit:

Mindestens einmal im Monat fahre ich die Strecke Fratticiola Selvatica - Rom Fiumicino. Es sind immer gleich viel Kilometer, ich fahre immer gleich schnell - und doch habe ich nie gleich lang. ???

Als wir mit dem Umbau angefangen haben, war unser Ziel, im Mai 2014 den alten Teil des Agriturismos offiziell zu eröffnen und Gäste zu empfangen. Während der letzten Monate habe ich mich immer wieder beklagt, dass das alles nicht rechtzeitig fertig wird, dass der Umbau nicht vorwärts geht, dass unnötig Zeit verloren wird usw. Fakt ist, dass der Umbau des alten Teils tatsächlich (bis auf einige Details der Innenausstattung) im Mai 2014 fertig sein wird… Nur auf die Bewilligung müssen wir noch warten, da diese erst erteilt werden kann, wenn der ganze Umbau abgeschlossen ist. Also doch keine Zeit verloren???

Ich muss zur Post, Einzahlungen erledigen. Danach zur Bank, ein neues Scheckheft holen. Auf dem Weg noch Tanken, dann zum Commercialista (Treuhänder) und die Lampen abholen. Innerlich gut vorbereitet, mache ich mich auf den Weg, mit genauem Zeitplan. Am Mittag komme ich wieder nach Hause - und war grad mal auf der Post und der Bank. Nicht sehr effizient, aber doch befriedigend, da ich Leute getroffen, geplaudert, gelacht, Anteil genommen habe. Viva Italia! Den Commercialista und die Lampen verschiebe ich auf den nächsten Tag. Oder war's der übernächste? Peter meint, ich solle doch dann gerade noch die Schrauben für den Traktor holen weil das Geschäft in der Nähe ist. Aus meiner Erfahrung klug geworden, winke ich ab - die Zeit reicht eh nicht. Doch beim Commercialista ist ausnahmsweise einmal alles schnell geklärt, die Lampen stehen bereit - und - Wunder über Wunder - ich kann die Schrauben holen (… zwar die falschen, aber…) und bin vor Mittag zu Hause. Wie ging das jetzt???

Olivenbaumschnitt. Unsere Bäume wurden seit Jahren nicht mehr gepflegt, geschweige denn geschnitten. So gilt es, das alte, dürre Holz herauszuschneiden, die succhioni (Äste, die dem Baum den Lebenssaft absaugen und senkrecht himmelwärts wachsen) abzusägen und den Baum wieder richtig zum Leben zu erwecken. ICH LIEBE diese Arbeit!! Es gibt nichts schöneres als das Zwiegespräch mit dem Baum, spüren, wie er wieder zu atmen beginnt und die Freude zurückkehrt. Seine wie meine. Und während ich in meiner Arbeit, meinem Sein, aufgehe, vergesse ich die Zeit. Nach gerade mal 1 Woche der linearen Zeitrechnung habe ich 5 kleinere, 1 grossen und 3 halbe grosse Bäume geschnitten -  bin dabei reich beschenkt worden und habe allergrösste Zufriedenheit erlebt. Wer rechnet da mit Baum/Stunde???

In all diesen Momenten verschwindet die lineare Zeit, die Zeitlinie. Ich sehe mich einem grossen RÄTSEL gegenüber.

Ja, das Verschwinden der Zeitlinie!

Genau das ist die Erfahrung, die ich in Umbrien, in meinem anderen Leben (l'altra Vita)  mache. Hier auf dem Land, fernab von der Hektik der Stadt, Agenden und linearen Zielsetzungen. Das Verschwinden  oder Aussteigen aus der Zeitlinie ist das Erleben des JETZT! In so manchem Kurs der Selbstfindung oder Meditation war ich auf der Suche nach genau diesem Jetzigen,  der imminenten, unmittelbaren Erfahrung. Wenn die Zeitlinie verschwindet ist der Teil meines Bewusstseins, der sich immer mit der Zukunft und/oder der Vergangenheit beschäftigt, nämlich hier und jetzt zu meiner Verfügung. Dies wiederum bedeutet nichts anderes, als dass mein Erleben vollständiger und ganzer wird. Trennung verschwindet, Präsenz wächst. Und ach so vieles fällt einfach von mir ab.

Und wenn ich jetzt auf dieses erste Jahr Umbrien (ich bin mir bewusst, dass ich eine Zeiteinheit benutze! - was??? schon-erst ein Jahr???)  zurück schaue, wird mir bewusst, wie sehr ich immer nach Zeit gelebt habe und wie ich mich hier, würde ich daran festhalten,  einschränke und unfrei mache.

Früher habe ich oft gesagt, dass für mich, Zeit zu haben, der grösste Luxus ist - und den habe ich auch gelebt. Jetzt hat dieser Luxus eine neue Dimension:  NICHT-ZEIT haben. Würde man das so nennen?  0-ZEIT? FUORI TEMPO!


Strukturelle Arbeiten


Jetzt, da wir endlich die Bewilligung der Gemeinde und der Provinz haben, können die strukturellen Arbeiten beginnen. 




Dies bedeutet in erster Linie, die tragenden Mauern zu verstärken, um das Haupthaus gegen eventuelle Erdbeben zu sichern. Dafür braucht es ein neues Fundament unter den tragenden Wänden. Diese bleiben jedoch bestehen. Das heisst, dass die Mauer freigelegt werden muss, sozusagen untergraben, um sie neu abzustützen.


Für einige Stunden hängt unsere Mauer in der Luft, nur gestützt von Eisendreiecken.


Abdichtung und Armierungseisen sind gesetzt, danach wird alles mit starkem Zement aufgefüllt.


Darauf das Eisengitter zur Verstärkung der Wand. Dafür muss wiederum der Boden des oberen Stocks "aufgepickelt" werden, damit das Eisengitter auch durch die obere (zukünftige) Wand geht und dem Haus mehr Stabilität verleiht.


Ich lerne über Statik, Baulogistik und italianità beim Bauen, die sich vor allem durch ganz viel Diskussionen und Schwatzen ausdrückt.









Dienstag, 1. April 2014

Neues Familienmitglied


Ganz überraschend hat eines unserer Mutterschafe während wir in Basel an der Fasnacht waren ein Lämmlein zur Welt gebracht. 2.5 Monate später als die anderen. Nach 3 männlichen Nachkommen, freuen wir uns über den ersten weiblichen Nachwuchs!!




Sie ist sehr neugierig und aufgeweckt - und sooo hübsch, dass sie bis jetzt einfach "Hübschi" genannt wird. Nicht besonders originell, doch als Zwischenlösung bis der richtige Name gefunden ist, akzeptabel.



Jetzt ist die Diskussion im Gange, welche unserer Schafe bei uns bleiben. Zwei haben wir schon verkauft - Osterlämmchen sozusagen. Den einen Bock, Stumpe, werden wir behalten. Einfach weil er so zutraulich und schön ist. Ein erfahrener Schäfer hat uns allerdings gewarnt, dass sich handzahme Böcke mit zwei, drei Jahren mit einem messen wollen. An einem Kräftemessen mit einem ausgewachsenen Bock habe ich allerdings kein Interesse. Wir werden sehen, vorerst bleibt er. Die 3 Mutterschafe ebenfalls - und natürlich unsere Kleine!


So wären sie dann zu fünft, um unser Gras zu mähen!

Hund und Meister



OHNE WORTE!!





Ceci


Das habe ich mir so in keinem meiner Umbrien-Träume vorgestellt - dass ich in die Landwirtschaft in diesem Stil einsteige. Olivenöl produzieren ja, den eigenen Orto anlegen ja, die Fruchtbäume ernten ja - aber das Ansäen mit Traktor, Pflug und Egge und überhaupt - das habe ich mir nicht gedacht. Und doch ist es soweit gekommen. Ich wundere und freue mich!!!

Das Feld wird vorbereitet. Vor dem Regen wurde es gepflügt, jetzt bei Schönwetter geeggt und gedüngt damit nachher sofort gesät werden kann.



Tatkräftige Hilfe von Gianfranco und seinem Sohn Michael, unseren Nachbarn - Traktorentreffen.

Letzter Schliff vor dem Säen. Michael ist der König des Traktors und grade mal 17.














Die Ceci werden in die Sämaschine gefüllt. Ich sehe das alles zum ersten Mal und bin mit grosser Neugier dabei. Und Gianfranco ist happy, dass er mir das alles zeigen kann...

 Welch Ungetüm!

Los geht's! Schliesslich will ich ein Gefühl dafür entwickeln, wie es hier hinten drauf ist. Da der Acker am Hang liegt, heisst es manchmal festhalten und ja die Balance nicht verlieren. 
Unser erster Ceci wird angepflanzt - welch tiefes Gefühl, welche Zufriedenheit!

Akrobatik.

Will ja schliesslich alles überwacht werden: Mann lässt arbeiten.